Detroit Ruins – Inside
Hi there!
Detroit hat viele Geschichten zu erzählen, wenn man sich auf das große “D” einlässt. Ich mag diese kantige Stadt, die mich oft an Berlin kurz nach dem Mauerfall erinnert. Letzte Woche war ich gleich zwei Tage in Folge in Detroit und der Gegensatz hätte nicht krasser ausfallen können. Donnerstag: Sightseeing bei Hochglanzwetter für meinen Besuch aus Deutschland.
Freitag: Dicke Wolken über Detroit. Foto-Tour durch verlassene Gebäude. Mit einer deutschen Freundin, die auch zur Zeit hier lebt und wie ich von Detroit fasziniert ist. Warum guckt man sich so was an? Um die Stadt und ihre reiche, aber komplizierte Geschichte zwischen Boom und Abschwung, zwischen Abgrund und Aufbruch ein wenig besser zu verstehen.
Als ich 2013 zum ersten Mal das Ausmaß des urbanen Verfalls in Detroit sah, war ich schockiert. Absolut ungläubig darüber, wie eine nordamerikanische Stadt so derartig herunter kommen konnte. Ich blickte fassungslos auf gigantische Industrieruinen, leer stehende Bürohäuser und Hotels in Downtown, verlassene Schulen, Theater, Kirchen und Krankenhäuser, verwaiste Straßenzüge in den Neighborhoods, herunter gebrannte, verlassene, zerstörte Häuser. So deprimierend der Anblick auch war, ich konnte mich nur schwer der Faszination dieser zum Teil morbiden Schönheit entziehen. Find beauty in the ruins. Wie muss es erst im Inneren der Gebäude aussehen? Welches Zeugnis einer ehemals lebendigen Vergangenheit legen sie ab? “Detroit Urbex” führt kleine Gruppen durch leer stehende, seit vielen Jahren verlassene Gebäude. Über 70.000 gibt es davon heute in Detroit. Seit den 50er Jahren, als viele Produktionsstandorte der Automobilindustrie die Stadt verließen, ist die Einwohnerzahl von knapp 2 Millionen auf heute rund 700.000 geschrumpft. Mit verheerenden Folgen für die Infrastruktur im gesamten Stadtgebiet.
Es wird wohl noch viele Jahre dauern, bis die ungenutzten Gebäude abgetragen oder einer alternativen Nutzung zugeführt worden sind. Ich finde es unglaublich spannend, Detroit eine Weile dabei zuzusehen, wie es wieder auf die Beine kommt. Zu spüren, wie sich diese Stadt neu erfindet. Die Ruinen, der Verfall, all das gehört heute zu Detroit dazu, ist ein Stück authentischer Zeitgeschichte. Wie die Berliner Mauer.
Ich bin noch immer ganz geflasht von dem Erlebten. Ich hätte nie gedacht, dass ich selber einmal vom Dach einer Industrieruine auf Detroit schauen würde. Mich berührt am meisten, dass dies alles “moments in time” sind, denn Detroit verändert sich jeden Tag. Beim nächsten Mal ist ein Gebäude vielleicht nicht mehr zugänglich, abgerissen oder Renovierungsarbeiten haben begonnen. Who knows. Viele kleine Dinge werden dabei hoffentlich schon bald wieder zu einem großen Ganzen.
So, jetzt aber! Eine kleine 😉 Auswahl meiner Foto-Ausbeute ..
John S. Gray Branch (built 1906), first branch of the Detroit Public Library
“EYE DONT CARE ABOUT REAL LIFE – Servite High School (built 1924), East Side Detroit
St. Margaret Mary Catholic Church (built 1923), East Side Detroit, von 1984-2011 als Baptist Church genutzt
Fisher Body Plant 21 (built 1926 by Albert Kahn), 1926 von General Motors übernommen, 1984 wird hier die letzte Karosserie produziert, seit 2000 ist die Stadt Detroit Eigentümer. Der Besitzer des Berliner Techno-Clubs Berghain wollte hier einen Club aufmachen. Der Nutzungsplan der Stadt sieht dies offenbar nicht vor. Für 300.000 Dollar steht die asbestbelastet Industrieruine zum Verkauf.
Susanne
15. Oktober 2015 @ 01:16
Aber hallooooo Britta,
wieder mal ein genialer Bericht vom anderen Kontinent.
Warum ist Detroit denn nur so weit entfernt? – Du hast fantastische Fotos gemacht, dabei kommt die morbide Schönheit noch mehr zum tragen.
Und nicht nur wir beide wissen, dass Detroit inzwischen an so vielen Punkten wie eine Blüte aufblüht und in den schönsten Farben zu leuchten beginnt und definitiv nicht so schnell verblühen wird.
Detroit macht weiterhin neugierig. Es gibt dort so viel zu entdecken: so viele interessante kleine Shops und lustige freundliche Menschen. Ich erinnere da nur an MooseJaw. 😀
Danke für die schöne Zeit mit dir und lass uns alle weiterhin an deinem Amerika teilhaben.
Susanne
Britta
15. Oktober 2015 @ 11:14
1000 Daaaaaaank für die “Blumen”, liebe Susanne! Du machst mich ganz verlegen 😉 Blühendes und bunte Farben kommen auch schon bald … mit Detroit werde ich so schnell nicht fertig. Apropros Mooooooosejaw (so melden die lustigen Kollegen sich übrigens am Telefon) – die Bilder habe ich noch gar nicht. Her damit! 😉 Und trotz großem Wasser dazwischen: ich geh’ jederzeit wieder auf “D”-Tour mit dir! Sunny greetings from A2 und von Britta
Holger
15. Oktober 2015 @ 02:32
Hey Britta,
was für grandiose Fotos und was für großartige Locations. Da hat man doch sofort den Impuls, das muss man wieder instand setzen, vor allem das erste Haus, in dem noch die Bücher stehen… was für schöne Räume!
Danke für deine tollen Blogs :-)!
Alles Liebe und viele Grüße auch an Deine Männer, Holger
Britta
15. Oktober 2015 @ 11:08
Dankeschön, lieber Holger! Ja, genau das ist es … der Charme vergangener Zeiten ist noch total spürbar in den Räumen. Auch die Klassenzimmer in der Schule müssen mal wunderschön gewesen sein. Und darin liegt für mich die eigentliche Schönheit der Ruinen. Stay tuned … ich hab’ noch mehr solcher “Beauties” fotografiert. Viele liebe Grüße ins Bergische Outback 😉 und nach Köln, Britta
Jutta
15. Oktober 2015 @ 14:14
Also ehrlich!!!! Da frag ich mich aber jetzt ernsthaft: WIESO HABEN WIR NICHT SO EINE TOLLE TOUR GEMACHT?????
Du willst ja nur, dass wir wiederkommen. Super Bilder, wäre gerne dabei gewesen.
Britta
15. Oktober 2015 @ 15:16
There will always be a next time, Jutti! And by the way: mit kids würde ich die Tour nicht machen. Also: wann kommst du? fragt Britta
Sonja
17. Oktober 2015 @ 03:20
Liebe Britti,
Wunderschön morbide Eindrücke. In der Tat kann ich mich dem Charme des Verfalls deiner Bilder in Detroit auch kaum entziehen. Aber wie sowas passieren kann, verstehe ich so gar nicht. ….ja klar…das liebe Geld…aber wie war das: Irgendwo las ich doch, dass Berlin mehr Schulden hat (und dementsprechend mehr pleite ist) als Detroit…. Mmmhmmm….alles seltsam.
Danke für die tollen Fotos und den interessanten Bericht.
Liebe Grüße, Sonja
Britta
17. Oktober 2015 @ 18:19
Liebe Sonja, bei der Recherche zum Beitrag habe ich gelesen, dass die Pro-Kopf-Schulden 2013 (als Detroit in die Insolvenz gegangen ist) in Berlin und Detroit etwa gleich hoch waren. Aber in Deutschland können Städte keine Insolvenz anmelden. Da springt erst das Land und dann der Bund ein. Halt nach dem Motto “Arm, aber sexy” 😉 In Detroit haben die gesunkenen Steuereinnahmen der Stadt den Hals gebrochen, weil der Staat Michigan nicht in die Haftung genommen werden kann. Aber jetzt geht es ja wieder aufwärts! Hugs, Britti
Andrea
19. Oktober 2015 @ 09:29
Liebe Britta,
dass so traurige Fotos so schön sein können……….
Liebe Britta.
Was für tolle Aufnahmen.
Dass so traurige Bilder, ein so schönes Motiv abgeben können.
Bist du sicher, dass bei diesem Rundgang nicht noch eine interessante alte Erstausgabe oder ein witziger Teller für mich gefunden werden konnte? 🙂
Danke dir, für den Einblick ins ferne Detroit.
Liebe Grüße, Andrea
Britta
20. Oktober 2015 @ 13:19
Liebe Andrea, du wirst lachen: ich habe ein Jahrbuch der Schule von 1976 (hey, da waren wir noch in der Grundschule 😉 gefunden. Die Schule wurde auch mal kurz als Kirche genutzt. In einem Raum lagen unzählige Spenden-Umschläge auf dem Boden. Natürlich leer … bis auf einen. Den einzigen, den ich aufgehoben habe, enthielt doch glatt noch 20 Dollar. Unglaublich, denen wir waren ja wahrlich nicht die ersten, die durch diese Räume gegangen sind. Zum Thema Teller schicke ich dir per mail noch ein exklusives Foto zu. Bis dahin! Liebe Grüße von Britta
Uwe
23. November 2015 @ 08:29
Großartige Photos! Bin begeistert.
Britta
27. November 2015 @ 13:29
Danke, danke!! Und das von einem Profi …