home for thanksgiving
Hi there,
dieses Jahr haben wir zum amerikanischen Familien-Feiertag Thanksgiving mal das gemacht, was alle Amerikaner machen – wir sind nach Hause gereist. Zwar gab es in Deutschland keinen Truthahn, dafür aber andere lang vermisste Leckereien. Allen voran Gans mit Rotkohl und Klößchen. Ach, was hatte ich mich darauf gefreut. Und Feldsalat. Der wird hier einfach nicht angebaut. Auch zu Kasseler mit Sauerkraut und Kartoffelpüree (mashed potatoes können die Amis allerdings auch meist richtig gut) habe ich mich hinreißen lassen. Fehlten eigentlich nur noch Reibekuchen mit Apfelmus. Dafür hatte Glühwein Konjunktur und ich habe mich vom Lichter- und Sternenglanz auf den Kölner Weihnachtsmärkten verzaubern lassen. Ach, was viel schön!
Ich war sehr gespannt, wie so ein kurzer, irgendwie spontan eingeschobener Heimaturlaub sich anfühlen würde. Es war extrem anstrengend und intensiv, aber auch wunderschön! Als wir Sonntag wieder im Flieger nach Detroit saßen, kam es mir fast vor, als hätte ich das alles nur geträumt. Mein Elfjähriger fragte mich dann irgendwann über dem Atlantik: “Mama, wie fand’s du es?” Da fiel mir nur spontan die Zeile eines meiner BAP Lieblingslieder (Jradaduss) ein: “Et woor schoen, et woor joot, ahm Eng e bessje ze kort …” (für Nicht-Kölner: “Es war schön, es war gut, am Ende ein wenig zu kurz”). Ob er BAP kenne, frage ich überflüssigerweise. “Was denkst du denn. Ich bin doch ein kölscher’ Jung”. Na denn.
Seit das möglicherweise letzte Jahr für uns hier in Michigan angebrochen ist, werde ich bei einigen Sachen sehr wehmütig. Das fing am Ende des Sommers an, als ich am letzten Pool-Tag bis zum Ende blieb. Gleich am nächsten Tag folgte ein vielleicht letztes Mal “Back to school”, die möglicherweise letzte Michigan Football Saison hatte begonnen (nicht das ich ein Riesenfan dieses Sports bin, aber an Spieltagen herrscht eine ganz besondere Atmosphäre in der Stadt), die Blätter färbten sich eventuell ein letztes Mal so irre intensiv bunt, wie ich es bisher nicht kannte, Halloween, Christmas, … Ach herrje, wie wird es werden, das Zurückkehren in die eigentliche Heimat? Ich habe mich entschieden, nicht mehr zu viel darüber nachzudenken. “Go with the flow” oder so ähnlich. Nicht im Sinne von passiv “treiben lassen”, vielmehr aktiv das gestalten und bewusst erleben, was sich ergibt. Ohne Fünfjahresplan. Ohne zwischen den beiden Welten diesseits und jenseits des Atlantiks hin- und hergerissen zu sein.
Genug herum philosophiert, zurück in die reale Ann Arbor Welt. It’s beginning to look a lot like Christmas. Als wir abgereisten, standen noch die Kürbisse vor den Türen und das ein oder andere Gruselelement war noch von Halloween übrig geblieben. Szenenwechsel: alles ist erleuchtet und blinkende Rehe und überdimensionale Blow-up Santas haben wieder das Terrain in unserer Hood übernommen. Da müssen wir noch dringend nachrüsten. Außerdem wird es Zeit, wieder ein paar Späße mit “Elf on the shelf” zu treiben. Die lustige Elfe ist hier in vielen Familien eine vorweihnachtliche Tradition. Eine Art Adventskalender. Über Nacht kommt sie vom Nordpol zurück und sucht sich jeweils einen neuen Platz im Haus. Nach dem Aufwachen laufen die Kinder aufgeregt durch alle Zimmer und suchen nach dem rot-weißen Püppchen. Gefunden, darf sie nicht berührt werden, sonst verliert sie ihren Zauber. Tagsüber beobachtet sie, ob die Kids “naughty or nice” sind und gibt Santa am Nordpol dann allabendlich Rapport.
Mein kölscher Junge glaubt zwar nicht mehr an Santa, aber die Elfe wird trotzdem allmorgendlich erwartet. Wie war das mit dem Glauben an den Weihnachtsmann? “Der Weihnachtsmann lebt, und ewig wird er leben. Sogar in zehnmal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen,” schreibt der Kolumnist der “New York Sun”, Francis P. Church, der achtjährigen Virginia aus New York. Sie hatte sich 1897 mit der Frage “Gibt es einen Weihnachtsmann?” an die Tageszeitung gewandt. Der Briefwechsel wurde über ein halbes Jahrhundert – bis zur Einstellung der “Sun” 1950 jedes Jahr zur Weihnachtszeit auf der Titelseite abgedruckt. Später hat die Welt am Sonntag diese Tradition übernommen. In diesem Sinne: feel the christmas spirit! Ach ja, und den Truthahn gibt es bei uns zur Bescherung.