Wo die Mosel eine Schleife zieht

“High Noon oder High End – egal, der Berg ruft!! Unser Luis Trenker Gedächtniswein.”, heißt es auf der Webseite des Weingutes Laurentiushof in Bremm an der Mosel. Gemeint ist der Riesling “Calmont Urgestein”. Den hatten wir zufällig im Frühjahr 2020 gekostet und uns gleich zwei Kisten für den ersten Corona Lockdown bestellt. Naturwein aus biodynamischem Anbau. Perfekt zum Spargel.

Unter welchen herausfordernden Bedingungen der Wein angebaut wird, haben wir im letzten Sommer gesehen. Als wir den 378 Meter hohen Calmont über den Calmont Höhenweg hinaufgestiegen sind. Hier bewirtschaften die Weinbauern die steilsten Weinberge Europas. Hier zieht die Mosel eine enge Schleife. Hier bieten sich dem Wanderer immer wieder neue, fantastische Blicke auf eine einzigartige Naturkulisse. Kurz vor dem Gipfel ist die Aussicht auf die Moselschleife am spektakulärsten. Ein Postkartenmotiv, an dem man sich kaum satt sehen kann. Fast zu kitschig schön, um wahr zu sein. Und weniger als 2 Stunden von Köln entfernt.

Für noch ambitioniertere Wanderer gibt es den Calmonter Klettersteig. Wir waren auch so schon beseelt genug. Vom Weitblick in die Landschaften von Eifel, Hunsrück und Mosel. Oben am Gipfel kann man in der Weinschänke Pause machen, und eine Weile den Paraglidern zuschauen. Bei unserem Besuch fächerte sich ein bunter Gleitschirm nach dem anderen über dem Tal auf.

Und weil man die Mosel nicht ohne Wein verlassen kann, kaufen wir unten im Dorf direkt beim Winzer noch eine Kiste Calmont Urgestein. Cheers! Auf Luis Trenker!

Das große Loch

Die schiere Größe beeindruckt und schockiert gleichermaßen. Das ist es also, das größte Loch Europas. Ich kannte es bisher nur von Bildern. Und wie immer ist das live Erlebnis durch kein Foto zu ersetzen. Was ich sehe, erinnert mich an den Grand Canyon. Die Weite, die Tiefe, die unterschiedlichen Gesteinsschichten. Nur ist der Tagebau Hambach kein spektakuläres Naturphänomen. Er ist eine von Menschenhand in Wälder und Felder hinein gefräste Mondlandschaft. Ein gigantischer Krater, in dem sich riesige Schaufelradbagger seit Jahrzehnten unerbittlich durch die Erde fressen, um unseren Energiehunger zu stillen. Ich fühle mich beim Anblick dieses Teils des Rheinischen Braunkohlereviers sehr klein und unbedeutend. Wie am Rand des Grand Canyons. Wenn auch aus anderen Gründen.

Der Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle ist beschlossen, noch wird um das Timing gerungen. Ebenso wie um den Erhalt einiger Dörfer. Aus dem großen Loch des Tagebau Hambach soll einmal ein großer See werden. Ein Naherholungsgebiet wie die Sophienhöhe. Die ehemalige Abraumhalde ist inzwischen renaturiert. 100 km Wanderwege ziehen sich durch die 13 Quadratkilometer wieder aufgeforstete Fläche. Dass die Natur zurückkommen kann, macht zumindest Hoffnung.

Der Braunkohle mussten neben gewachsenen Naturlandschaften auch ganze Dörfer weichen. Manheim ist einer dieser Orte. Die meisten der Bewohner sind mittlerweile nach “Manheim neu” umgesiedelt. “Manheim alt” ist zu einem Lost Place geworden. Wir parken an der ehemaligen Dorfkirche, die großflächig abgesperrt und deren Fenster mit Brettern vernagelt sind. Sie wurde 2019 mit einem letzten Gottesdienst entweiht. Nur nach einer solchen “Profanierung” können nach katholischem Kirchenrecht die Reliquien anschließend an einen neuen Ort mitgenommen werden. Nach “Manheim neu”, wo nun der Großteil der ehemaligen Bewohner:innen lebt.

In “Manheim alt” geht derweil der Abriß der leerstehenden Häuser weiter. Viele sind bereits komplett abgetragen, von anderen stehen noch traurige Reste. Ein halbes Badezimmer, eine verfallende Werkstatt, eine geschlossene Dorfkneipe. Die Straßen sind verwaist. Mir kommt das Bild vom Heuknäuel, das der Wind in amerikanischen Western gerne mal durch den menschenleeren Ort fegt, in den Sinn. Eine einsame Mülltonne steht an diesem Nachmittag zur Abholung bereit. In dem Haus wohnen Menschen, die sich bisher nicht aus ihrer Heimat haben verdrängen lassen.

Unser letzter Stopp an diesem Tag gilt “Manheim neu”. Ich möchte wissen, wie so ein auf dem Reißbrett geplantes, frisch umgesiedeltes Dorf aussieht. Im Herbst 2020 wurde an vielen Häusern noch gewerkelt. Der Ort fühlte sich noch unfertig an. In der Zwischenzeit ist er sicherlich weiter zusammengewachsen. Den umgesiedelten Menschen ist zu wünschen, dass “Manheim neu” zu einem echten neuen Zuhause wird. Und uns allen, dass mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien möglichst viel klimaschädliche Kohle im Boden bleibt.

Heissa Holzmarkt

Irgendwie kam sie mir bekannt vor. Die Diskokugel, die Besucher am Eingang zum Holzmarkt willkommen heißt. Sie war schon da, als hier noch die Bar25 stand. 10 Jahre liegen zwischen meinen beiden Besuchen auf dem direkt an der Spree gelegenen Quartier unweit des Ostbahnhofs. Das Gelände, einst Teil des ehemaligen Mauerstreifens, sollte eigentlich auch im Rahmen des groß angelegten Investorenprojektes “Mediaspree” bebaut werden.

Der Holzmarkt ist ein Gegenentwurf zu einer Stadtentwicklung, die nur durch private Investoren getrieben ist. Ein Gegenpol zu langweiliger Einheits-Architektur. Berlin wird ärmer an solchen bunten, unvollkommenen Orten, die Raum für Kreative und Kulturschaffende bieten.

Die Bar25 begann 2004 hier als Zwischennutzung. Aus einer kleinen Holzbude, an der man Bier kaufen konnte, wurde ein international bekannter Techno-Club. Das Außengelände war ein Spielplatz für Große. Es gab Schaukeln, ausrangierte Autoscooter und Karusselpferde, die Bar war wie ein amerikanischer Saloon gestaltet. Ich habe mit einer Freundin inmitten dieser bunten, urbanen Subkultur 2010 einen unvergleichlichen Sommerabend verbracht. Kurz danach musste die Bar25 schließen. Die Erinnerung an diesen Ort mit seiner besondere Stimmung ist uns geblieben.

10 Jahre später. Die Macher der Bar25 habe auch das neue Quartier Holzmarkt geschaffen. Seit 2017 ist hier ein “urbanes Dorf für Menschen aus der Nachbarschaft und aus der ganzen Welt” entstanden. “Lebendig, grün und kreativ – nie fertig, stets im Werden”, wie auf ihrer Webseite zu lesen ist. Und mit den leckersten Apfel-Zimt-Schnecken (aus der Bäckerei Backpfeife) Berlins, wie ich ergänzen möchte. Mit warmer Schnecke und Kaffee aus der French Press setzt man sich dann auf eines der Holzpontons direkt am Spreeufer und genießt. Den Blick auf’s Wasser, die Sonnenstrahlen, die unbekümmerte Stimmung.

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist IMG_E4382.jpg

Anschließend kann man im World Trash Center exzentrische Kunst und Möbel anschauen. Im Weinladen nach leckeren Tropfen stöbern. Es sich bei Kater Schmaus schmecken lassen. Craft Beer in der Holzmarkt Brauerei kosten. Oder sich einfach von der besonderen Atmosphäre des Holzmarktes verzaubern lassen.

Der Holzmarkt25 soll dauerhaft bleiben, und diesen Spreeufer-Abschnitt für alle offen halten. Die Diskokugel scheint beim Hinausgehen zuversichtlich in der Sonne zu glitzern.

“Febralender”

Hi there!

Dry January und Veganuary sind geschafft, hello February! Es war zu lange zu ruhig hier auf dem Blog. Immer mal wieder kam die Frage von eifrigen Leser:innen, ob ich den Blog noch weiterführe. Jaaa! Jetzt! Endlich! Und da ich Countdowns irgendwie gut finde, kam mir der “Febralender” in den Sinn. Quasi ein verspäteter Adventskalender. Nur, dass am Ende nicht der Baum in der Stube steht, sondern das erste zarte Grün an Bäumen und Sträuchern sprießt. Am Ende des Monats wird die Sonne bereits um 7:18 Uhr (heute 8:08 Uhr) auf- und erst um 18:11 Uhr (heute 17:23) untergehen. Gute Aussichten, oder? Spring has sprung, wärmende Sonnenstrahlen, singende Vögel, Aufbruch, Hoffnung … Hashtags einer wunderbar verheißungsvollen Jahreszeit.

Bis der März beginnt, gibt es hier jeden zweiten Tag eine neue Geschichte. Immer an den geraden Tagen. Schließlich kaufe ich auch nie 5 oder 7 Äpfel.

Apropros Obst … und Gemüse. Britta macht nicht mehr nur blau, sondern auch ganz viel grün. Oder blau für mehr grün. Oder wie auch immer. Jedenfalls bin ich Schrebergärtnerin geworden. Im Garten 206 am Sonnenrain wird bald viel blau, äh grün gemacht. Aber dazu sicherlich bald auch mal was.

Und was noch so? Eine bunte Tüte! Über Wasser und Wein, Landschaften und Lost places, Kunst und Kultur, Geschichte und Gartenliebe. Natur und Nachdenkliches.

Stay tuned. Morgen geht’s los!