die 533 Treppenstufen hinauf auf den Südturm kann man jederzeit nehmen. Um mit dem Außenaufzug am Nordturm über und unter die Dächer des Kölner Doms zu gelangen, muss man eine spezielle Tour buchen. Die eröffnet faszinierende Einblicke in den Innenraum der gewaltigen Kathedrale, auf die Dachkonstruktion, das bleigedeckte Dach und in die Werkstätten der Dombauhütte.
Auf dem Weg dorthin geht man unter anderem hinter dem berühmten Richter-Fenster entlang. Großartig! Das von Gerhard Richter entworfene Fassadenfenster ist eines meiner persönlichen Highlights der Tour. Ich war gar nicht drauf gefasst, plötzlich hinter dem bunten Glas zu stehen. Umso stärker der Wow-Effekt. Der Kölner Künstler ließ über 11.000 farbige Glaskacheln per Zufallsgenerator auf der 106 Quadratmeter großen Fläche anordnen. Je nach Einfall der Sonnenstrahlen sorgen 72 verschiedene Farben seit 2007 für einen fast mystischen, farbenprächtigen Lichtzauber im Dom.
Zum sensationellen Abschluss der Tour ging es über eine schmale Wendeltreppe hinauf auf den Vierungsturm. Als dann noch zwischen den beiden Domtürmen die Sonne über der Stadt versank, war der Gänsehaut-Moment perfekt. Halt “Home is where the dom is”.
“It’s beginning to look a lot like Christmas, everywhere you go …”.
Hi there!
Die Amerikaner lieben Weihnachten. Sobald der Thanksgiving Tisch abgeräumt ist, geht es nahtlos in die Weihnachtssaison über. Oh pardon, politisch korrekt ist “Christmas” nämlich nicht. Es werden auch keine Weihnachtsbäume, sondern “holiday trees” angeboten, die Weihnachtsferien heißen “winter break” und ist man zu einer Weihnachtsparty geladen, steht “holiday party” auf der Einladung. Um den vielen in Amerika lebenden Menschen mit ihren unterschiedlichen Religionen gerecht zu werden. Nicht alle feiern Weihnachten.
Bei der “holiday decoration” gilt: je bunter, schriller, kitschiger, blinkender – desto besser. Bunte Lichterketten, blinkende Rentiere, aufblasbare beleuchtete Weihnachts- oder Schneemänner, noch mehr Lichterketten. Heiliger Bim-Bam. Soviel Glanz und Gloria ist für unseren Geschmack oft too much.
Und wer ist Schuld? Der gute Thomas Edison. Er stellte 1879 vor seinem Labor in Menlo Park, New Jersey, die erste elektrische Weihnachtsbeleuchtung auf. Einer seiner Mitarbeiter entwickelte einige Jahre später dann die erste Lichterkette, die ab 1890 kommerziell produziert und zunächst von großen Kaufhäusern als Schaufensterdekoration genutzt wurde. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis die Lichter auch für den privaten Haushalt erschwinglich waren.
Landauf, landab findet heute in jedem Dorf Ende November eine “Tree Lightning”-Zeremonie statt. Der wohl berühmteste Baum steht am Rockefeller Center in New York. An ihm blinken 45.000 LED Birnen.
Fährt man in der Saison durch die Straßen, findet man aller Orten spektakulär geschmückte Vorgärten. Ein Deko-Knaller entstand alljährlich keine 5 Meilen von uns entfernt an einem Privathaus.
It’s beginning to look a lot like Christmas … lasst euch einstimmen. Beliebt ist übrigens auch Kunstschnee. Aber das ist in Michigan ja nicht notwendig.
“Where Detroit cashes in”, so wirbt “American Jewelry and Loan” auf seiner Internetseite. Das Pfandhaus in Detroit und sein charismatischer Inhaber Les (Lesley Gold) mit Sohn Seth und Tochter Ashley wurden weltweit bekannt über die Reality Show “Hardcore Pawn”. In Deutschland läuft der Quotenhit unter dem Titel “Das härteste Pfandhaus der Welt” beim Sender DMAX.
Lange hatte ich mich gewehrt, dort vorbei zu fahren. Denn immer wenn ich einen kurzen Blick in die Sendung warf, die mein Sohn begeistert schaute, hatte ich den Eindruck, dass in dem Laden nur Schwerverbrecher und Wahnsinnige verkehren. Ich meine, wer verlangt mit irrem Gesichtsausdruck nach Kettensägen, Nagelpistolen und Golfschlägern zur Selbstverteidigung weil die Zombie Apokalypse bevorsteht? Und dann der Chef mit seinen dicken Goldketten, der irgendwas zwischen Zuhälter und Koksverkäufer aussieht.
Schließlich haben wir uns doch getraut. Und siehe da, Inhaber Les Gold war persönlich dort, super nett (die bösen Vorurteile wurden wie fast immer nicht bestätigt) und für ein Foto zu haben. Da war jemand stolz.
Schon sein Großvater betrieb ein Pfandleihhaus in Detroit. Dort machte er seine ersten Verkäufe. American Jewelry and Loan eröffnete er dann 1978 in einem kleinen Laden in einer Einkaufspassage. Heute betreibt er drei Läden. Das Haupthaus befindet sich in einer riesigen ehemaligen Bowling-Halle. Hier werden durchschnittlich 1000 Leihgeschäften pro Tag abgewickelt. Trotz des großen Erfolgs der Serie ist American Jewelry and Loan ein ganz normales, wenn auch riesiges Pfandhaus für den Großraum Detroit.
Hierher kommen leider auch viele Menschen, die ihre Sachen gegen Cash für das Notwendigste eintauschen. Traurigerweise haben wir am Annahmeschalter fast ausschließlich Schwarze gesehen, während Weiße die Auslagen mit der unglaublichen Auswahl an Schmuck scannten. In dem gigantischen Verkaufsraum findet man, streng bewacht von zahlreichen Sicherheitsleuten, fast alles. Von Sport Memorabilia über Gartengeräte, Werkzeuge, Möbelstücke, Musikinstrumente, Pelzmäntel, Handtaschen … you name it.
Les Gold hat ein Buch über 55 Jahre Erfahrung als Pfandleiher geschrieben. “For what it’s worth. Business wisdom from a pawnbroker”. Seine Botschaft: “Der Kunde weiß nicht, was er möchte. Ein Verkäufer muss ihn davon überzeugen, dass er genau das möchte, was zum Verkauf steht.” Kein Ort dieser Welt wäre besser geeignet, einen auf die Arbeitswelt vorzubereiten als ein Pawnshop.
Hoppla. Erster Dezember. Erster Advent! Erstes Törchen im brittamachtblau Adventskalender. Ich werde euch das Warten auf’s Christkind versüßen. Als Wiedergutmachung für die zurückliegenden beitragsfreien Monate. Keine Ausreden, ich mache mich lieber froh und munter ans vorweihnachtliche Werk.
Los geht es mit einer noch frischen Erinnerung – mein Berlin Besuch rund um das 30 Jahre Mauerfall Jubiläum. Kurz ausgeholt: Berlin begleitet mich seit meiner Kindheit. Viele Fahrten mit meinem Schwimmverein führten uns zu einem befreundeten Verein in West-Berlin. Wir vom Dorf in die große Stadt und umgekehrt. Mit dem Reisebus über die Transitstrecke. Herzklopfen am Grenzübergang Helmstedt/Marienborn, wenn der DDR-Grenzbeamte mit erster Miene und Kalaschnikow im Anschlag durch den Bus schritt und unsere Pässe kontrollierte.
In Berlin wohnten wir meist im Olympiastadion, in dessen Räumlichkeiten im Innen- und Außenring damals eine Art Jugendherberge untergebracht war. Abends streunten wir durch das riesige Stadion, saßen auf den Tribünenplätzen, die Älteren feierten unbemerkt vom Trainerteam hinter der großen Anzeigetafel. Heute undenkbar. Wir trainierten im ehemaligen Olympiabecken, die olympischen Ringe beim Rückenschwimmen fest im Blick. Das fühlte sich groß an, fast so als würden wir bei Olympia selber mit schwimmen. Klein fühlten wir uns an der großen Mauer, die die Stadt durchschnitt. Als etwas Unbegreifliches hat sich bei mir der Blick von der Aussichtsplatform am Brandenburger Tor auf den Todesstreifen mit seinen patrouillierenden Grenzbeamten, dem Stacheldraht und den scharfen Hunden eingeprägt. Ein wiederkehrendes Erlebnis auf jeder Schwimmerfahrt.
Als die Mauer am 9. November 1989 überraschend fiel, war ich 22 und habe vor dem Fernseher geweint. Das ging sicher vielen so. Da hat man eine leise Ahnung davon bekommen, wie viel bewegender diese Nacht für die Menschen in der DDR gewesen sein muss. Im Herbst 1990 war ich dann zum ersten Mal wieder in Berlin. Der Potsdamer Platz – eine riesige Brache. Ehemaliges Niemandsland, über das man nun einfach spazieren konnte. Der Gang durch das Brandenburger Tor, ein unbeschreibliches Gefühl. An der Stelle, wo ich als Kind und Jugendliche so oft auf diese grausame, unüberwindbare Grenze geschaut hatten, war nun ein Hin- und Her zwischen den Säulen und zwischen West und Ost möglich.
In den Folgejahren habe ich miterlebt, wie der Potsdamer Platz bebaut wurde, wie die neue Mitte Berlin entstand. Ich habe in der Oranienburger Straße noch im kultigen Kneipencafe “Obst & Gemüse” (einem ehemaligen Obst & Gemüse Konsum) gesessen, als die Zeile gegenüber dem alternativen Kunst- und Kulturhaus Tacheles noch nicht aufpoliert war und ihren speziellen Subkultur Charme verloren hatte. Die originellen Läden aus der Zeit zwischen Wende und Nullerjahren sind alle verschwunden. Schicke Bars, austauschbare mexikanische oder indische Kettenrestaurants und andere Trendläden sind eingezogen. Das ist kein Einzelschicksal, auch andere Stellen in der Stadt haben Stück für Stück ihren unfertigen Charme und ihre freien Flächen verloren. Sind aufgemotzter, aber auch langweiliger geworden. Eine gesunde Subkultur in einer wachsenden Stadt zu erhalten ist nicht einfach. Noch gibt es sie zum Glück – diese rauen, nicht Hochglanz renovierten, besonderen Orte. Berlin muss aufpassen, dass sie nicht zu selten werden.
Schwenk zurück zu meiner persönlichen Geschichte mit Berlin. Vier Jahre lang, von 2007 bis 2011, haben wir als Familie jobbedingt viel Zeit in Berlin verbracht. Da wurde das Bund für’s Leben mit dieser großartigen Stadt endgültig besiegelt. Unser Sohn wuchs mit Berlin auf. Wenn wir heute an den Spielplätzen in “unserem” Kiez vorbeikommen, hört man ihn “weißt du noch …” sagen. Wir haben irre viel gesehen und erlebt in diesen vier Jahren. Nicht nur in Berlin, auch im bislang fast unbekannten Ostdeutschland. Die vielen Erinnerungen haben uns mit der Stadt zusammengeschweißt.
Als sich der Mauerfall zum 25. Mal jährte, konnten wir die bewegende Berichterstattung nur über den Bildschirm in den USA verfolgen. Schon damals nahm ich mir vor, zum 30jährigen live dabei zu sein. Vor Ort spüren, welche unglaublich große Bedeutung diese friedliche Revolution für Deutschland, für Europa hatte. Wie wichtig es ist, immer wieder daran zu erinnern, mit welcher Kraft und Entschlossenheit die Menschen für ihre Freiheit eingetreten sind. Aber auch mit welchen unvorstellbar grausamem Methoden der sozialistische Staat der DDR gearbeitet hat.
Die Geschichten der 28jährigen Teilung Deutschlands und die Ereignisse rund um die Öffnung der Mauer wurden eine Woche lang mit Outdoor-Ausstellungen und Veranstaltungen an Original-Schauplätzen erzählt. Besonders beeindruckend waren die 3D Videoinstallationen, die nach Einbruch der Dunkelheit auf verschiedene historische Fassaden projiziert wurden. “Geschichte wird gemacht, an alltäglichen Orten von ganz unterschiedlichen Menschen” , so beschrieb es das Programm zur Mauerfall-Festivalwoche “7 Tage – 7 Orte” sehr treffend.
Ich habe alle 7 Orte besucht, teilweise mehrfach. Als am ersten Abend die Bilder am Alexanderplatz, projiziert auf zwei riesige Fassaden und mit bewegender Musik untermalt, vor meinen Augen lang flimmerten, war ich sehr berührt. Und dankbar, an diesen besonderen Tagen in Berlin sein zu können.
Alexanderplatz und Schlossplatz (wo einst der Palast der Republik stand) waren am 4.11.1989 Schauplätze der größten Protestaktion der DDR-Geschichte für Reisefreiheit, freie Wahlen, Meinungs- und Pressefreiheit sowie die Zulassung neuer Parteien.
East Side Gallery: hier entstand die größte Outdoor Galerie der Welt. 118 Künstler/innen aus 21 Ländern bemalten das 1,3 km lange Mauerstück an der Spree: ein Symbol internationaler Verständigung.
Brandenburger Tor. Hier gab es zwar keinen offiziellen Grenzübergang, aber vor allem West-Berliner/innen zog es zu den wohl symbolträchtigsten Ort der Teilung Deutschlands. Hier wurde mit Hammer und Meißel mit dem Abbau der Mauer begonnen. Für die Installation “Visions in Motion” hatte der amerikanische Künstler Patrick Shearn 30.000 Fähnchen mit Wünschen, Hoffnungen und Visionen beschreiben lassen.
Ehemalige Stasi-Zentrale. Im Januar 1990 wurde das Ministerium für Staatssicherheit von Demonstranten besetzt. Das Ende des Ministeriums, der Beginn der Diskussion über den Umgang mit den Stasi-Akten. Heute befindet sich hier neben dem Aktenarchiv der Campus für Demokratie und das Stasi-Museum.
Gethsemanekirche am Prenzlauer Berg. Als es anläßlich der offiziellen Feierlichkeiten zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989 zu friedlichen Protestaktionen vor dem Palast der Republik kam, wurden die Demonstranten brutal abgedrängt und zogen zur Gethsemanekirche. Bilder, die sich weltweit verbreiteten.
Kurfürstendamm. Der berühmte Boulevard mit der westlichen Warenwelt lockte viele DDR-Bürger/innen in den ersten Tagen nach dem Mauerfall. Bei der Begegnung der Menschen aus Ost und West herrschte in den Anfangstagen Volksfeststimmung.
Den Veranstaltern ist es mit diesem Konzept fantastisch gelungen, alle Puzzle-Stücke noch einmal in einen Zusammenhang zu bringen. Mir ist es nicht gelungen, mich kurz zu fassen an diesem 1. Dezember. Aber mein Herz ist immer noch voll ob der Eindrücke dieser Tage. Zumal ich das alles mit einer lieben Freundin und ehemaligen Mit-Schwimmerin teilen konnte.
Ab morgen gibt es weniger Text. Und die Elfe ist auch wieder am Start. Versprochen!